Münsterbauverein

Meilensteine

1925 - 1945               1945 - 1977                1977 - 2000              2000 - 2025

MEILENSTEINE

1925 - 1945

Das Münster in Gefahr - Der Hauptturm wird gesichert

Am 17. November 1911 ließ ein Erdbeben auf der Zollernalb das Ulmer Münster erzittern. In den unterirdischen Bögen, welche die tragenden Pfeiler des Hauptturms verbinden, wurden Risse festgestellt, die zu wachsen drohten, und ebenso am Hauptgesims des Achtecks. An dessen oberem Ende wurde daher 1927 ein Ringanker aus Chromnickelstahl um den Fuß der Pyramide gelegt.
Die Fundamente der Pfeiler wiederum mussten durch Stahlanker miteinander verbunden werden, die sie zusammenhielten und die sogar ermöglichten, durch Anziehen der Schrauben die Risse wieder zu verkleinern. Dazu mussten die Fundamente durchbohrt werden, auf denen die Last des über 50.000 Tonnen schweren Turmes ruhte! Das geschah vom 13. April bis 8. Juni 1934 mit Hilfe einer Kernbohrmaschine der Saline Friedrichshall, deren Bohrkronen mit Rohdiamanten besetzt waren. Seither sichern 14 Anker von 8 Zentimetern Durchmesser die Stabilität des Hauptturms.

Von Krieg zu Krieg - Eine Fliegerbombe im Chor

Nachdem die gröbsten Nöte, die der Erste Weltkrieg verursacht hatte, überstanden waren, konnte der Bauerhalt des Münsters wieder aufgenommen werden. Von entscheidender Bedeutung war die Sicherung des Hauptturmes, dessen Standbeine durch Stahlanker am Auseinanderdriften gehindert wurden. Doch schon fünf Jahre nach dieser gelungenen Operation brach der nächste Krieg los, der vom Münster fünf Glocken für die Rüstungsproduktion forderte. Zwar überlebte das Münster den Bombenhagel, doch der richtete Schäden an, zu deren Beseitigung auch der Münsterbauverein seinen Teil beitrug.

Als Bombenangriffe drohten, versuchte die Bauhütte, wichtige Kunstwerke des Münsters zu schützen. Wertvolle alte Glasfenster wurden herausgenommen, Schaffner- und Kreuzaltar sowie Stirnwandfiguren und Holzplastiken am Hauptportal entfernt, das Hauptportal und das Sakramentshaus ummauert. Zwar stand das Münster wie durch ein Wunder auch noch nach den Luftangriffen des 17. Dezember 1944 und des 1. März 1945, aber eine Bombe hatte den Chor getroffen und das Gestühl beschädigt. Schockwellen haben Zerstörungen an Fenstern, Dachwerk und Hauptportalvorhalle bewirkt.

Es wird stumm in Ulm - Glocken werden zu Waffen

Der Produktion von Kriegsgerät wurden im Zweiten Weltkrieg über 100.000 Kirchenglocken geopfert. Davon war auch das Ulmer Münster betroffen. Am 27. März 1942 wurden fünf Glocken abgehängt, um in die Hamburger Schmelzhütten transportiert zu werden. Die älteste war die 1898 gegossene große As-Glocke (4.650 kg) mit der Aufschrift „Ein feste Burg ist unser Gott“. Die vier weiteren waren alle im Jahr 1931 hergestellt worden, drei davon als Ersatz für Glocken, die schon während des Ersten Weltkriegs 1917 eingeschmolzen worden waren, nämlich die Kleine Betglocke (1.250 kg) mit der Aufschrift „Alles was Odem hat lobe den Herren“, die Elfuhr- oder Es-Glocke (700 kg) mit dem Motto „O Land, Land, Land höre des Herren Wort“ und die F-Glocke (500 kg), „Aus tiefer Not schrei ich zu Dir“. Die 1931 neu hinzugekommene Neue Torglocke „Friede auf Erden“ (350 kg), musste ebenfalls dran glauben.

Dem Unheil trotzen - Unterstützung von 1933 bis 1945

1933 übernahmen die Nationalsozialisten die Macht. Vereine und Organisationen wurden „gleichgeschaltet“ oder aufgelöst. Doch der Münsterbauverein konnte weitermachen, wenn auch ohne Öffentlichkeits-arbeit, und die Arbeit der Münsterbauhütte von 1933 bis 1945 mit jährlich 5.000 RM unterstützen. Das war wohl Karl Eychmüller zu verdanken, dem Direktor der Wieland-Werke, der in die NSDAP eingetreten war. Nach der Besetzung Ulms war er vom amerikanischen Gouverneur zum Oberbürgermeister ernannt worden. Nach Kriegsende wurde er als „Mitläufer“ eingestuft. Er leitete den Münsterbauverein bis 1973.

1925 - 1945               1945 - 1977                1977 - 2000              2000 - 2025

MEILENSTEINE

1945 - 1977

Vom Start aus Trümmern- zum Jubiläum

Nach dem Krieg konnte der Münsterbauverein wieder aktiv werden und öffentlichkeits-wirksam für seine Ziele eintreten. Zu denen gesellte sich nun die Beseitigung der Kriegsschäden.
Von den kostbaren Glasfenstern hatten nur die eingelagerten das Bombardement überstanden. Die zerstörten sukzessive durch neue, zeitgemäße zu ersetzen, war eine der ersten Nachkriegs-Aktionen des Münsterbauvereins.
Auch die eingeschmolzenen Glocken galt es durch neue zu ersetzen. Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Kirchenmusik. Die Hauptorgel und die der Sam-Kapelle waren erneuerungsbedürftig und wurden um eine weitere im Chor ergänzt.

Vom Start aus Trümmern- zum Jubiläum

Das Münstergeläute war seit der Glocken-Beschlagnahme Ende März 1942 um fünf Glocken leiser. Diesen Verlust zu ersetzen, machte sich der Münsterbauverein zur Aufgabe. Im Juni 1956 beauftragte er die Gießerei Heinrich Kurtz in Stuttgart mit dem Guss von fünf neuen Glocken und übernahm die dafür anfallenden Kosten in Höhe von rund 17.000 DM. Die Münstergemeinde bezahlte lediglich die Armaturenerneuerung und die Montage durch die Münster­bauhütte – etwa 2.100 DM. Das gesamte Metall war jedoch eine direkte Spende der Wieland-Werke im Wert von 50.000 DM.
Die Glocken Es‘-F‘-B‘-C‘‘ wurden am 6. Juli 1956 gegossen, die fast fünf Tonnen schwere As-Glocke, genannt „Gloriosa“, am 5. Oktober. Am 24. Oktober trafen sie in Ulm ein, wo sie einige Tage vor dem Münster zu besichtigen waren, bevor sie in den Glockenstuhl gehievt wurden. Sie erklangen erstmals zum Sonntagsgottesdienst am 4. November.

Mit hohem Anspruch - Erste zeitgenössische Glasfenster

Nachdem 1950 die noch intakten Chorfenster wieder eingebaut waren, sollten auch die anderen zerstörten und notverglasten Fenster nach und nach ersetzt werden. Vier Mitglieder des Münsterbauvereins finanzierten anonym je eines der drei Chorfenster und eines der beiden Portalfenster. Konsens war, die wunderbaren Glasfenster des Mittelalters durch besonders qualitätvolle neuzeitliche zu ergänzen, gestaltet vom „besten lebenden Glasmaler in Deutschland“.
Beauftragt wurde Hans Gottfried von Stockhausen (Esslingen). Dessen drei Chorfenster, die sieben Bilder von der Kirche, die Werke der Barmherzigkeit und das Tauffenster, wurden zum Jahreswechsel 1955/56 eingebaut und ein Jahr später das Passionsfenster in der Konrad-Sam-Kapelle. 1959 und 1962 folgten die Portalfenster Heimkehr und Himmelfahrt, beide von Wolf Dieter Kohler. 1964 konnte das ebenfalls vom Münsterbauverein finanzierte und von Stockhausen geschaffene große Martinsfenster eingeweiht werden.

Der Ton macht den Unterschied - Drei Orgeln fürs Münster

Neben der großen Orgel sollte das Münster 1960 eine kleinere für den Chorraum erhalten. Mit Unterstützung des Münsterbauvereins gebaut, umfasste sie zwei Manuale und 20 Stimmen. Sieben Jahre später musste die Hauptorgel erneuert werden. 1856 von Eberhard Friedrich Walcker in Ludwigsburg als größte Orgel der Welt fertiggestellt, wurde sie 1927 elektrifiziert und umgebaut. Doch vier Jahrzehnte später zeigte sie erhebliche Ausfallerscheinungen.
Für diese gewaltige Aufgabe reichten die staatlichen, städtischen und landeskirchlichen Mittel nicht aus. Der Münsterbauverein rief daher zum Spenden auf – mit Erfolg. Es kamen annähernd 100.000 DM zusammen. Am 19. Oktober 1969 wurde die neue Orgel mit 95 Registern und 8.900 Pfeifen ihrer Bestimmung übergeben. Eine weitere Spendenaktion 1977 anlässlich des Jubiläums der Grundsteinlegung 1377 brachte so viel ein, dass der Münster­bauverein 60.000 DM zur Renovierung der Orgel in der Konrad-Sam-Kapelle beisteuern konnte.

1377–1977 Ulmer Bürger finanzieren ihr Münster

 

Am Dienstag, dem 30. Juni 1377 morgens um 7 Uhr versam­melte sich ganz Ulm um eine ungeheure Baugrube. In die begaben sich Altbürgermeister Lutz Krafft und einige der Vornehmsten der Stadt. Mit einem Kran wurde der große Grundstein hinabgelassen, den Krafft mit 100 Goldstücken bedeckte. Seinem Beispiel folgten die Patrizier und das Volk: Es waren die Ulmer Bürger, die dieses gewaltige Bauwerk finanziert haben.

An diese Tradition knüpfend hat der Münsterbauverein den 600. Jahrestag der Grundsteinlegung zum Anlass für eine erneute Spendenaktion genommen. Dieser Aufruf erbrachte den hohen Ertrag von 400.000 DM.

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MEILENSTEINE

1977 - 2000

Altes gerettet, Neues geschaffen

In den ersten beiden Nachkriegsjahrzehnten war viel geleistet worden. Die Kriegs-schäden waren behoben, die Orgeln erneuert, die Bildnisse und Altäre gesichert. Doch der Zahn der Zeit hört nie auf zu nagen, ständig zeigen sich neue Herausforderungen.
Die kostspieligsten, die mit Hilfe des Münsterbauvereins in der Zeit vom Gründungs-jubiläum bis zur Jahrtausendwende bewältigt wurden, waren die Restaurierung des Brautportals und der Totenschilde. Und eine Spendenaktion verhalf dem Münster zu drei weiteren zeitgenössischen Fenstern.

Brautportal im alten Glanz

Es ist älter als das Münster, das Braut-, Südost- oder Gerichtsportal – so genannt wegen des im Tympanon tagenden Jüngsten Gerichts. Um 1360 für die alte Pfarrkirche außerhalb der Stadt geschaffen, wurde es kurz danach in das neue Münster eingebaut, das in der Stadt entstand.
Sechs Jahrhunderte später bedurfte es einer Generalüberholung. Zu der trug der Münsterbauverein mit rund 120.000 DM bei. Die Renovierung des Brauttors begann Ende August 1977. Ein Jahr später hatten die Restauratoren ganze Arbeit geleistet. Das Portal präsentierte sich den Betrachtern in den Farben Gold und Dunkelblau. Alle Teilnehmer am Jüngsten Gericht, von Christus auf dem Regenbogen an der Spitze des Tympanon bis zum Teufel im Höllenrachen waren vergoldet, entsprechend dem mittelalterlichen Originalzustand. Und über dem Portal waren unter dem Schmutz fast vergessene Wandmalereien zum Vorschein gekommen, die klugen und die törichten Jungfrauen.

Die Fenster der südwestlichen Vorhalle

Als Karl Eychmüller, bis 1973 Vorsitzender des Münsterbauvereins, 1981 starb, folgten Freunde und Mitarbeiter seinem Wunsch, für das Münster zu spenden. Damit konnte das im August 1983 eingeweihte Fenster „Versöhnte Gemeinschaft“ von Peter Valentin Feuerstein bezahlt werden.
Für die südliche Vorhalle waren zwei weitere Fenster von Peter Valentin Feuerstein vorgesehen. Eines davon, das Fenster der Verheißung, wurde aus Mitteln des Münsterbauvereins erworben. Gemeinsam mit der Karlinger-Stiftung finanzierte der Münsterbauverein das Israelfenster von Hans Gottfried v. Stockhausen. Diese drei Südfenster setzen sich mit der wissenschaftlichen Welt, der Hybris des Menschen bis hin zu den Gräueln des Nationalsozialismus auseinander.

Totenschilde

Nicht weniger als 134 Totenschilde prangen an den Innen­wänden des Münsters. Sie erinnern an Mitglieder des Patriziats, angebracht von deren Familien. 1980 mussten 15 Schilde der Familien Besserer und Schad restauriert werden – für knapp eine halbe Million Mark. Der Münsterbauverein übernahm davon 100.000 DM.

1890-1990 Jubiläumsfest generiert Spenden

Am Samstag, dem 31. Mai 1890, wurde abends um sechs Uhr der Schlussstein auf den Hauptturm des Münsters gesetzt. 100 Jahre später, vom 11. Mai bis zum 3. Juni 1990, feierten die Evangelische Kirchengemeinde, die Münstergemeinde und die Stadt Ulm die Turmvollendung mit einem Jubiläumsfest. Gestaltet haben es Künstler und Ensembles aus der Tschechoslowakei, Österreich, Italien, Schweiz, Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Die dabei zusammengekommenen Spenden ermöglichen dem Münsterbauverein die Unterstützung weiterer Projekte in den darauffolgenden Jahren.

Photogrammetrie - Ein Meilenstein für der Restaurierung

Bis 1990 existierte keine einzige maßstabsgerechte Zeichnung des Ulmer Münsters, weder im Ganzen noch im Detail. Die Bauhütte arbeitete mit einem Grundriss, einem Längenschnitt und einem Turmriss im Maßstab von ca. 1:200. Auch von den unzähligen einzelnen Kunstwerken, den Portalen, Figuren, Verzierungen gab es keinerlei Detailzeichnung.

Um diesen Mangel zu beheben, wurde mit Beginn der 90er Jahre ein Verfahren eingesetzt, das aus Fotografien die Lage und Form eines Bauteils bestimmt und beschreibt: die Photogrammetrie. Sie liefert maßstabsgerechte Zeichnungen und Bestands- wie Arbeits-pläne für das gesamte Bauwerk Ulmer Münster. Sie bietet die Grundlage für eine computergesteuerte Auswertung und für millimetergenaue Pläne. Dank der Photo-grammetrie standen damit erstmals in der über sechshundertjährigen Geschichte des Münsters maßstabsgetreue Arbeits-und Bestandszeichnungen in den Maßstäben 1:10 und 1:20 Verfügung. Damit konnten Planvorlagen für die Restaurierung erstellt werden. Sie zeigen alle Schäden am Stein, die in Form einer Kartierung auf die digitalen Planvorlagen übertragen wurden. Diese Dokumentation ermöglicht es, fundiert festzulegen, welche Restaurierungsmaßnahmen in welchem Umfang notwendig sind. Die Gesamtkosten für die Photogrammetrie am Ulmer Münster beliefen sich über die Jahre auf nahezu 2 Millionen Euro, von denen der Löwenanteil in den 90er Jahren aufgebracht wurde.

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MEILENSTEINE

2000 - 2025

Wachsende Aufgaben - Das neue Jahrtausend

Mit Beginn des neuen Jahrtausends warteten gewaltige neue Herausforderungen, darunter keine geringeren als die Restaurierung des Südlichen Chorturms, des Glockenstuhls, des Chors, der Chorfassade und nicht zuletzt des Hauptturms – eine Herkulesaufgabe! Das alles war natürlich nur in Etappen zu bewältigen und konnte jeweils bis zu einer Dekade und mehr in Anspruch nehmen. Zu den immensen Kosten hat der Münsterbauverein in diesen Jahren (bis 2024) nahezu 11 Millionen Euro beigesteuert!

Der Südliche Chorturm - Eine Mammutaufgabe 

Die beiden Chortürme des Ulmer Münsters stehen zwischen dem Chor und den Seitenschiffen und haben eine Höhe von ca. 86 m. Nach einer Notsicherung des Südlichen Chorturms im Winter 1996 wurden massive Schäden sichtbar, die eine umfassende Sanierung des 1877 vollendeten Turms notwendig machten. Nach drei Jahren Untersuchung und Vorbereitung war klar: Die Maßnahmen würden nahezu zehn Jahre dauern und viele Millionen Euro kosten. Annähernd 800 Werkstücke mussten
in der Steinmetzwerkstatt gefertigt und dann ausgetauscht werden, bis die Restaurierung im September 2010 abgeschlossen war. Seither erstrahlt der Südliche Chorturm wieder in hellem Glanz – in deutlichem Kontrast zur dunklen Patina des Langhauses und des Chors. Rund neun Millionen Euro hat die aufwändige Sanierung des maroden Turms verschlungen. Allein 2,6 Millionen Euro steuerte der Münsterbauverein aus Spenden und vielen Aktionen bei – die größte Einzelspende aus der Spatzen-Aktion betrug 300.000 €.

Glocken und Glockenstuhl - Mit 20 Tonnen auf 70m

Nicht weniger als 20 Tonnen wiegen die Glocken, die der Glockenstuhl des Hauptturms zu tragen hat. 4,91 Tonnen wiegt allein die Gloriosa, die schwerste und größte Glocke des Münstergeläuts. Nach über hundert Jahren war die Tragfähigkeit des 1897/98 gebauten eisernen Glockenstuhl nicht mehr gewährleistet. Umweltbelastung und fortschreitende Korrosion erforderten eine umfassende Sanierung. Vom 16. September 2005 an schwiegen die Glocken. Sie wurden abgehängt, drei von ihnen hatten Risse und mussten ebenfalls repariert werden, bevor sie am Ostersonntag 2009 wieder läuten konnten. Die Kosten beliefen sich auf ca. 1,6 Millionen Euro von denen der Münsterbauverein 350.000 Euro aus Spenden beigesteuert hat.

Zurück zu den Anfängen - Chor und Chorfassade restauriert

Der älteste Teil des Münsters ist der Chor und seine Fassade. Denn damit hatten die Baumeister der Familie Parler nach der Grundsteinlegung 1377 begonnen. Auf jeden Chorstrebepfeiler setzten sie, vermutlich um 1382/85, in etwa 18 m Höhe eine überlebensgroße, alttestamentarische Prophetenfigur von außergewöhnlicher stilistischer Charakteristik. Sie zählen zu den bedeutendsten Skulpturen ihrer Art. Die Restaurierung dieser originalen mittelalterlichen Pfeilerfiguren war eine große Herausforderung. Und auch die Reparatur der Chorfassade, jenes herausragenden Beispiels mittelalterlicher Architektur, musste deren besonderer bauhistorischer Bedeutung gerecht werden. Die Steinmetze der Münsterbauhütte tauschten daher nur stark geschädigte Werkstücke aus, um möglichst viel von der historischen Bausubstanz zu erhalten. Der Münsterbauverein bezuschusste die Maßnahmen am Chor mit über 400.000

125 Jahre Weltrekord - Mammutaufgabe Hauptturm

„Ulmer Weitblick“ lautete das Motto, unter dem Ulm im Jahr 2015 den 125. Jahrestag der Vollendung des höchsten Kirchturms der Welt feierte. Für die Münsterbauhütte eröffnete sich damit in der Tat der Weitblick auf eine Herkulesaufgabe: die Sanierung und Restaurierung des Münster-Hauptturms bis zu einer Höhe von 70 Metern. Bereits 2006 war der Turm für Voruntersuchungen auf seiner Nord-, Süd-, und Ostseite eingerüstet worden. Dabei zeigten sich im Bereich der mittelalterlichen Bauabschnitte große Schäden am Naturstein mit dem Resultat, dass 2.600 Steine ersetzt und weitere 1.600 Steine restauriert oder konserviert werden mussten. Für die Kosten wurden 25 Millionen Euro veranschlagt, zu denen der Münsterbauverein seit 2015 jährlich 300.000 Euro beiträgt. Immerhin haben seine Spendenaufrufe im Jubiläumsjahr eine Rekordsumme von 500.000 Euro eingebracht. 

Lösung vom Gegenständlichen - 
die neuen Fenster von Thomas Kuzio

Um die Verglasung des südlichen Seitenschiffs zu vollenden, konnten die Spendengelder eingesetzt werden, die dem Verein 2013 anlässlich des Todes von Dr. Wolfgang Eychmüller
zugeflossen waren Zwischen den spätexpressionisti­schen, gegenständlichen Fenstern der 50er- bis 80er-Jahre undden sehr modernen, zeichenhaften und einen eigenen Lichtraum bildenden Fenstern von Johannes Schreiter (2001) sollte nun mit dem Friedensfenster eine Verbindung entstehen.

Thomas Kuzio löst sich in diesem 2018 fertiggestellten Fenster vom Gegenständlichen, zitiert jedoch Gliederungs- und Farbelemente der mittelalterlichen und der neuzeitlichen Fenster und bringt diese in ein harmonisches Gesamtgefüge. Damit gibt er den Rahmen vor für die Konzeption der aktuellen Verglasung des nördlichen Seitenschiffes.

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